Vorfälligkeitsentschädigung

Risikokostenerstattung - ein ungenutztes Potential

Vorzeitige Darlehensablösung: Wie Kreditinstitute die Risikoersparnisse klein, die Vorfälligkeitsentschädigung somit groß rechnen und wie Sie dagegen halten können.

Wir setzen die rechtlichen Vorgaben finanzmathematisch sauber um und verschaffen Ihren Mandanten damit wirtschaftliche Vorteile.

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Prof. Dr. Klaus Wehrt, Finanzsachverständiger und Gutachter
Prof. Dr. Klaus Wehrt Finanzsachverständiger, Gutachter

Zu geringe Risikoprämienerstattungen

Die Vorschriften der Kapitaladäquanzverordnung (CRR) geben den Banken vor, welche Risikoabsicherung sie bei der Gewährung von Baudarlehen vorzunehmen haben, damit den aufsichtsrechtlichen Vorgaben einer angemessenen Risikokontrolle Genüge getan wird. In diesem Zusammenhang kommt es einerseits auf die Kontrolle der sog. Standardausfallrisiken an, andererseits auf den Schutz vor unerwarteten Ausfallrisiken.

Der Schutz vor den erwarteten Risiken

Typischerweise lässt sich der mögliche Eintritt eines bekannten Ausfallrisikos bei einem Darlehen nicht immer verhindern, daher behelfen sich die Institute mit den klassischen Standardrisikoaufschlägen, die jeder Kreditnehmer der entsprechenden Risikoklasse auf seinen risikofreien Sollzins Monat für Monat zu entrichten hat. Damit verschafft sich das Institut eine Manövriermasse, Kreditausfälle abzupuffern.

Das Standardrisiko bemisst sich nach dem Produkt aus jährlicher Kreditausfallwahrscheinlichkeit PD (probability of default) und erwartetem Ausfallschaden LGD (loss given default).

In der Regel fällt nämlich nicht die gesamte Kreditrückzahlung aus, sondern nur ein Teil, denn einerseits wurden in der Vergangenheit bereits Tilgungen geleistet, andererseits kann ein Kreditinstitut die als Sicherheit hergegebene Immobilie noch verwerten.

Die Deutsche Bundesbank bezifferte in Ihrer QIS-Studie „Ergebnisse der fünften Auswirkungsstudie zu Basel II in Deutschland“ aus dem Jahr 2006 das Ausfallrisiko für durchschnittliche Verbraucherdarlehensnehmer im Bereich der Wohnungsbaukredite mit jährlich 0,91% , den durchschnittlichen Rückzahlungsschaden mit 27%. Daraus ergibt sich ein Standardausfallrisiko STR in Höhe von 25%.

STR = 0,91% * 0,27 = 0,25 Pp

Mithin beläuft sich die dem ablösenden Kreditnehmer gutzubringende Risikoersparnis bei Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung schon bei einer bis zu 70% finanzierten Wohnimmobilie auf 0,25 Prozentpunkte. Kreditinstitute rechnen diese Ersparnis dem Kreditschuldner aber zumeist nur mit 0,05 oder 0,10 Pp. an

Der Schutz vor den unerwarteten Risiken

Als unerwartet gelten solche Risiken, die jenseits vorhersehbarer Wahrscheinlichkeiten eintreten und sich nicht durch Risikoaufschläge auf den risikofreien Sollzinsatz kontrollieren lassen. Häufig treffen derartige Risikoereignisse alle Kreditnehmer in gleicher Weise, so dass schon vor diesem Hintergrund der Ausgleich eines einzelnen Darlehensausfalls durch die übrigen Darlehensnehmer ausgeschlossen ist.

Beredte Beispiele derartiger Risikolagen waren die Corona-Pandemie und sogleich im Anschluss der Ukraine-Krieg. Banken sind nach der Kapitaladäquanzverordnung verpflichtet, so viel Eigenkapital ihren Darlehen zu unterlegen, dass eine Institutsinsolvenz mit einer 99,9%-igen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist, also nur einmal in 1.000 Jahren zu befürchten ist – 1.000-mal ist nichts passiert.

In Artikel 153 (Unternehmenskredite) und Artikel 154 (Mengengeschäft) postuliert die Capital Requirements Regulation eine Formel, nach der die Banken die Eigenkapitalunterlegung gegen unerwartete Verluste vorzunehmen haben. Zu einer erwarteten Ausfallwahrscheinlichkeit von 1% und einem erwarteten Ausfallschaden von 25% lässt sich eine Eigenkapitalunterlegung gegen einen ausfallenden Gewerbekredit von 5,7% kalkulieren. Diese hohe Unterlegungspflicht korrespondiert bereits mit einem zusätzlichen Sollzinsaufschlag von 0,34 Prozentpunkten jährlich, sofern die Eigenkapitalrendite des Kreditinstituts 6% beträgt.

Zusammen mit dem Aufschlag gegen erwartete Verluste resultiert somit ein Risikoaufschlag von 0,59 Pp.

Risikoabschläge bei der Kalkulation von Zinsentschädigungen von jährlich 0,05 oder 0,10 Pp. liegen somit weitab von den tatsächlichen Risikoersparnissen, welche Institute realisieren, wenn Darlehen vorzeitig abgelöst werden.

Bei einem Darlehen, valutierend mit 400.000 EUR und fünf Jahren Restbindung ergibt sich somit ein Risikoabschlag auf die zu zahlende Zinsentschädigung von 11.800 EUR anstelle der von der Kreditwirtschaft regelmäßig zurückvergüteten Summe von lediglich 1.000 EUR (0,05 Pp.) bzw. 2.000 EUR (0,10 Pp.).

Bericht aus den laufenden Verfahren

Angestoßen hatte ich das Thema der Risikoerstattung mit meinem Aufsatz in der WM aus dem Jahr 2018. (Wehrt WM 2018, 1158). Bereits vor mir hatten die Autoren Breuer und Kreuz auf das Thema hingewiesen (Breuer/Kreuz ZBB 2009, 46)

Zwischenzeitlich wurden viele streitige Auseinandersetzungen gegen die Kreditinstitute geführt. Ein Großteil der Verfahren, insbesondere die gegen Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen, endeten mit angemessenen Vergleichen. Auffällig wollten diese Institute ein Urteil auf jeden Fall vermeiden.

In einem der Verfahren besaßen die Geldhäuser gegenüber dem Schuldscheinemittenten, einem großen Klinikbetreiber, aufgrund der Fusion ein Sonderkündigungsrecht. Von diesem besonderen Kündigungsrecht gegen Zinsentschädigung machte ungefähr ein Drittel der Institute Gebrauch. Der Klinikbetreiber beauftragte mich, die Verhandlungen mit den beteiligten Instituten zu führen.

Zunächst überreichten die Institute unisono klassische Vorfälligkeitsentschädigungskalkulationen mit Risikoersparnissätzen von 0,05 oder 0,10 Pp. Nachdem ich diese Berechnungen beanstandete, lenkten alle Institute – bis auf eine Sparkasse – sofort ein und akzeptierten meine Gegenrechnung. Mit der widerstrebenden Sparkasse wurde später eine Einigung auf der Hälfte der Strecke zwischen den gegenseitigen Positionen gefunden.

Es wurden aber auch einige Verfahren verloren, die fast durchweg in der zweiten Instanz weiter verfolgt wurden. Doch auch dort gab es bislang nur Rückschläge. In der Folge gelang es mir, die mit den Privatgutachten ausgestatteten Kreditschuldner dazu zu bewegen, gegen die ergangenen Urteile Nichtzulassungsbeschwerden beim BGH einzulegen. Nur eine Klägerin ließ das abweisende obergerichtliche rechtskräftig gegen sich gelten. Auf die BGHEntscheidungen warten wir.

Weitere Verfahren befinden sich in einer Endlosschleife. Offensichtlich scheinen die Argumentationen zu überzeugen, aber den Gerichten fehlt es „am Mumm“, die Sache durch zu entscheiden. Immerhin würden sie damit von der durchgängigen Rechtsprechung mit höheren Risikoersparnissätzen abweichen.

Erfreulich ist, dass die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, die zusätzlich in die Gerichtsverfahren eingebunden werden, sich des neuartigen Ansatzes immer häufiger bedienen und ihn damit bei den Gerichten „hoffähig“ machen.

Unser Angebot:
Gutachten zur Vorfälligkeitsentschädigung

  1. Gutachten gegen Erfolgsbeteiligung: Finanzierung von Berechnungen, Textgutachten, unter Umständen auch Rechtsverfolgungskosten.
  2. Berechnungen oder Gutachten gegen Pauschalhonorar.
  3. Sachverständiger für Gerichtsverfahren.

Wir berechnen stets nach dem Aktiv-Aktiv-Vergleich und Aktiv-Passiv-Vergleich. Beide Verfahren beruhen auf arithmetisch identischen Formeln (vgl. Wehrt WM 2018, 1158).

Weichen die Ergebnisse der beiden Berechnungsverfahren substanziell voneinander ab, deutet das auf eine zu geringe, von der Bank eingestellte Risikoersparnis.

Das korrigieren wir!

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Folgende Artikel könnten für Sie von Interesse sein:

Berechnungen entsprechend einer Zinsanpassung nach einer Gleitzins-Referenzreihe lehnt der BGH mit Urteil vom 25.04.2023 (BGH XI ZR 225/21) ab:

Dabei wird die Anpassung des Vertragszinses entgegen der Ansicht des Musterklägers nicht nach der Methode gleitender Durchschnitte erfolgen können…

Jede Rückrechnung, die sich auf das zu den verschiedenen Zeitpunkten insgesamt vorhandene Sparvolumen bezieht, führt – ebenso unter Beachtung der Vorgabe des BGH – zu einer Berechnung mit einem Gleitzinssatz. Das gilt auch, wenn die Zinsanpassung selbst nach einem punktuell sich verändernden Monatsreferenzzins erfolgt. Dafür verantwortlich sind finanzmathematische Gesetzmäßigkeiten.

Eine Berechnung ohne den finanzmathematisch zwingenden Gleitzinsautomatismus würde voraussetzen, dass jede Einzahlung bei der Nachberechnung gesondert erfasst wird. Jeder einzelnen Sparrate ist sodann der zum Zeitpunkt der Einzahlung aufgrund der Monatsstatistik geltende angepasste Sparzinssatz für den Zeithorizont der langfristigen Sparanlage, also bspw. 10 Jahre, unverändert zuzuweisen. Nur unter einer solchen Berechnungsweise darf finanzmathematisch auf die Gleitzinskalkulation verzichtet werden.

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Die Kreditvergabe von Banken erfolgt im Regelfall nicht ohne die Überprüfung der Werthaltigkeit der zu beleihenden Immobilie. Zudem verlangen die Regularien auf europäischer Ebene eine periodische Aktualisierung ehemaliger Immobilienbewertungen.

Weniger beachtet wird der mögliche Rückgriff auf den seinerzeit ermittelten Beleihungswert für die Fälle vorzeitiger Darlehensrückzahlungen. Der zu erstattende Risikoaufschlag hängt selbstverständlich nicht zuletzt vom Beleihungswert der Immobilie ab.

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