Zinsanpassung mit aktuellem Monatszins, aber Rückrechnung mit geglättetem Gleitzins

Prämiensparverträge nach dem BGH-Urteil vom 25.04.2023 (BGH XI ZR 225/21)

Buxtehude, 18.08.2024: Wiederholt hat sich der BGH entgegen den Zielvorstellungen der Verbraucherverbände dafür entschieden, dass die regelmäßige Zinsanpassung von Sparverträgen, die sich an einem Referenzzinssatz für langfristige Sparanlage zu orientieren hat, nicht nach einem geglätteten Durchschnitt, dem sog. Gleitzinssatz, vorzunehmen ist, sondern nach einem punktuellen monatsbezogenen aktuellen Referenzzinssatz. Zuletzt hat der BGH diese Einschätzung mit zwei Urteilen vom 09.07.2024 (BGH XI ZR 44/23 und BGH XI ZR 40/23) wiederholt. Doch gilt dies auch für die Rückrechnung derartiger Verträge? Ich zeige hier auf, dass für die Rückrechnung andere Grundsätze zu gelten haben als für die monatliche Zinsanpassung.

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Prof. Dr. Klaus Wehrt, Finanzsachverständiger und Gutachter
Prof. Dr. Klaus Wehrt Finanzsachverständiger, Gutachter

BGH-Entscheidung gut begründbar

Im Ergebnis sind die Entscheidungen des BGH nachvollziehbar. In seinem Urteil BGH XI ZR 44/23 liefert der BGH erstmalig auch die Begründung dafür, weshalb ein Gleitzinssatz für die Zinsanpassung nicht taugen kann. Dazu bezieht er sich auch recht umfangreich auf die ergangene Instanzrechtsprechung und die Literatur, insbesondere zitiert er meine eigenen Ausarbeitungen (Wehrt WM 2022, 1001 und Wehrt ZIP 2023, 1347) an drei Stellen des Urteils.

Ausgangspunkt meiner Überlegungen ist die vom Bankensenat getroffene Feststellung, dass für die Zinsanpassung von Prämiensparverträgen ein Referenzzinssatz für langfristige Sparanlagen heranzuziehen ist. Wenn sich der Anleger noch im Monat Juli gegen den Kauf eines fünfzehnjährigen Pfandbriefs oder eines Bundeswertpapiers entschied, so verzichtete er auf die im Juli geltende fünfzehnjährige Langfristrendite für eben diese fünfzehn Jahre.

Entscheidet er sich sodann im August doch noch für den Erwerb des Papiers, so wird der Gewinn oder der Verlust aus dieser um einen Monat verzögerten Anlage geprägt sein von der Veränderung der Rendite des Papiers, die zwischen den Monaten Juli und August stattgefunden hat. Diese August-Rendite gilt sodann für die nächsten fünfzehn Jahre. Der den Ertrag verändernde Effekt wird somit von einer punktuellen Bewegung der Wertpapierrendite ausgelöst.

Wenn die Verzinsung von Prämiensparverträgen nach der geltenden Rechtsprechung der Änderung der Renditen von Langfristsparanlagen folgen soll, so muss für einen Sparbeitrag, der im Monat Juli angelegt wird, für den langfristigen Zeitraum ab Juli der aus dem aktuellen Referenzzinssatz hergeleitete langfristige Sparzinssatz gelten. Für den Anlagebetrag des Augusts gilt dagegen ein neuer Sparzinssatz, der aus dem punktuellen Referenzzinssatz des Monats August herzuleiten ist.

Unter dieser Sichtweise sieht sich der Sparer denselben Wertpapieranlagerisiken gegenüber wie der direkte Wertpapieranleger. Daher ergibt die vom BGH getroffene Entscheidung einer Zinsanpassung von Sparverträgen jeweils nach den aktuell geltenden Monatssätzen Sinn.

Rückrechnungen münden stets im Gleitzins

Dargestellt hatte ich soeben den Prozess der Zinsanpassung. Ich komme jetzt zum Verfahren der Rückrechnung. Begehrt ein Kunde im Nachgang zum gekündigten oder beendeten Prämiensparvertrag dessen Rückrechnung mit den vom BGH festgelegten zeitpunktbezogen angepassten Sätzen, so sind die einzelnen monatlich gezahlten Sparbeträge für den jeweiligen Langfristzeitraum jeweils zu jenem Zinssatz anzulegen, der sich zum Zeitpunkt der Einzahlung des Sparbeitrags aus dem aktuellen Referenzzinssatz als monatlich abgeleiteter Sparzinssatz ergibt.

Angenommen der Sparvertrag mit anfänglichem Sparzins von 3% wurde zu einem Zeitpunkt geschlossen, als sich die damals aktuelle Rendite der Referenzreihe auf 6% belief, so ist ein relativer Abstand von 50% zur Referenzreihe durch den Sparzinssatz einzuhalten.

Notierte der Referenzzinssatz im Juli 2024 bei 4%, so hat sich der Sparzins von nun an auf dem Niveau von 2% zu bewegen. Ein Betrag von 200 EUR, eingezahlt Ende Juli in den Prämienvertrag, hat sich daher für die nächsten fünfzehn Jahre mit eben diesen 2% zu verzinsen.

Sinkt der Referenzzins im Monat August auf 3,8%, so gilt für die zweite Einzahlung von 200 EUR am Ende des Monats August Verzinsung von 1,9%, wiederum für die nächsten fünfzehn Jahre.

Während der nachfolgenden 14 Jahre und 11 Monate verzinst sich somit der Gesamtbetrag von 400 EUR mit einem Satz von 1,95%, dem Mittelwert aus 2,0% und 1,9%. Wenn sodann im September bei einem nunmehr auf 3,6% abgesunkenen Referenzzins ein weiterer Betrag von 200 EUR eingezahlt wird, so verzinsen sich die insgesamt eingezahlten 600 EUR im Durchschnitt für die nächsten 14 Jahre und 10 Monate mit 1,9%:

1/3 * (2,0% + 1,9% + 1,8%) = 1,9%.

Vom Vertragsbeginn an gerechnet, schleicht sich somit ein glättender Durchschnitt in die Rückrechnung ein. Dieser sich „einschleichender Gleitzins“ wird somit automatisch zum Mechanismus der Nachberechnung.

Ist für die Neuberechnung derartiger Sparverträge eine Zinsanpassung nach den Renditen von Bundeswertpapieren mit 8-15jährigen Laufzeiten maßgeblich, so gelangt man über die erste Fünfzehnjahresfrist hinweg Schritt für Schritt zu einem sich über 180 Monate einschleichenden Gleitzinssatz für die Rückrechnung des Vertrags, beginnend mit einem punktuellem Satz bei der ersten Einzahlung, einer Glättung über zwei Monate mit der zweiten Einzahlung, sodann über drei, vier Monate usw.

Zinsgutschriften steigen an

Die Anwendung der oben dargelegten gleitzinsbasierten Rechnungsweise, die sich zwingend aus der Mathematik ergibt, lässt die Zinsgutschriften im Vergleich zu jenen Gutschriften, die unter einer Rückrechnung mit punktuellen Sätzen entstehen, ansteigen. Auch das wird an einem Beispiel klar. Der Zeitraum der 90er Jahre bis hin zum Jahresende 2021 war durch sukzessiv sinkende langfristige Wertpapierrenditen geprägt. Das Verhältnis des anfänglichen Sparvertragszinses zum punktuellen Monatssatz der Referenzreihe wäre bei einer Rückrechnung unter beiden Methoden, der Rückrechnung mit einerseits durchgehend punktuellen Sätzen und andererseits dem sich einschleichenden Gleitzins identisch. Letzterer bezöge sich zu Beginn nämlich nur auf einen Monat.

Da aufgrund der über die letzten Dekaden abnehmenden Wertpapierrenditen die punktuellen Sätze schneller sanken als die sich einschleichenden Gleitzinssätze, ergeben sich höhere nachträgliche Zinsgutschriften. Der Effekt führt nicht selten zu einer Verdoppelung der Zinsgutschrift.

Wird das zu den verschiedenen Monatsterminen vorhandene Gesamt-Sparguthaben mit einem aus den punktuellen Sätzen der Referenzreihe hergeleiteten Sparzins verzinst, so ergibt sich ein Berechnungsfehler zu Lasten der Sparkunden, so jedenfalls das Ergebnis unter einem über Dekaden hinweg fallenden Zinsniveau. Der Effekt dreht sich jedoch unter einem langfristigen Aufwärtstrend bei den Zinsen um.

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